Spanische Pyrenäen: Individuelle Reisetipps für die Bergwelt

Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici

Um es gleich vorweg zu nehmen: Typische Sehenswürdigkeiten und touristische Höhepunkte gibt es in den spanischen Pyrenäen nicht wirklich viele. Die faszinierende Naturlandschaft mit ihren vereisten Gipfeln und glasklaren Seen, den wilden Schluchten und abgeschiedenen Tälern ist es, die du ausgiebig erkunden solltest.

Spanische Pyrenäen: Ursprüngliche Bergwelt und immenser Kulturreichtum

Mit einer Länge von fast 450 km prägen die spanischen Pyrenäen das Bild vom Atlantik zum Mittelmeer. Die von den heißen und trockenen Sommern oft ausgedörrten Ebenen steigen langsam zu tief eingeschnittenen Tälern an. Auf karge Felsen im unteren Bereich der Täler folgen oft schroffe Steilwände, die in den Höhen von ausgedehnten Wäldern abgelöst werden. Zu den faszinierendsten Regionen der gesamten Bergkette gehören für mich das Maladeta-Massiv und die beeindruckenden Nationalparks mit ihrem enormen Tier- und Pflanzenreichtum.

Neben der unberührten Natur begegnen dir in den spanischen Pyrenäen auch einige versteckte Sehenswürdigkeiten und kaum betretene Pfade, die einen Besuch lohnen. Von romanischen Kirchen und Klöstern über von ihren Bewohnern aufgegebene Dörfer bis hin zu historisch bedeutenden Monumenten – die Pyrenäen bieten einen immensen Reichtum an Kultur und Geschichte, deren Schönheit sich oft erst auf den zweiten Blick erschließt.

#1 Ausflug in den Nationalpark Aigüestortes

Aigüestortes bedeutet so viel wie „verzweigtes Wasser“ und diesen Namen trägt der Nationalpark, der korrekt eigentlich Aigüestortes i Estany de Sant Maurici heißt, zu Recht. Eine Vielzahl an Seen, Flüssen, Sturzbächen und Wasserfällen gaben dem Park seinen Namen und erzeugen nebenbei einen vielstimmigen Chor aus plätschernden, strömenden und rauschenden Tönen.

Wegen der großen Höhenunterschiede gibt es im Nationalpark ganz unterschiedliche Landschaften: Von Laub- und Nadelwäldern über idyllische Wiesen bis hin zu steilen Felspassagen ist alles dabei und immer wieder bieten sich tolle Ausblicke.

Mein Reisetipp: Für mich persönlich ist Aigüestortes der mit Abstand schönste Nationalpark in den Pyrenäen und eine (zumindest) eintägige Wanderung solltest du fest einplanen.

#2 Ein uralter Wallfahrtsort auf dem Berg

Auf der A 138 von Ainsa in Richtung Barbastro fällt ein auf einem markanten Felsen thronendes Gebäude bereits von der Ferne ins Auge. Die Wallfahrtsstätte Nuestra Señora de Torreciudad (Unsere Liebe Frau von Torreciudad) ist ein Kirchenbau, der durch seine Größe und orientalisch anmutende Ornamentik für Verblüffung sorgt.

In dem weiten Kirchenschiff befindet sich ein hoher und modern gestalteter Alabasteraltar mit acht Skulpturengruppen, die wichtige Stationen aus dem Leben Marias darstellen. Die Krypta beherbergt die alte Statue der Madonna von Torreciudad, die aus der alten Einsiedelei aus dem 11. Jahrhundert stammen soll.

Mein Reisetipp: Torreciudad liegt abseits der Hauptstraße oberhalb des riesigen Stausees Embalse de El Grado. Bei der Fahrt hinauf solltest du unbedingt halten und einen Blick auf die imposante Staumauer werfen. 

#3 Versunken in den Fluten

Südlich von Ainsa erstreckt sich einer der größten Stauseen Nordspaniens, der Embalse de Mediano. Sein Name leitet sich von dem kleinen Dorf Mediano ab. Dessen Einwohner mussten dem Bauvorhaben Ende der 1960er Jahre weichen und die Gebäude wurden den Fluten überlassen.

Wenn du deinen Blick über die glatte Wasseroberfläche schweifen lässt, entdeckst du vielleicht eine Turmspitze, die aus dem Wasser ragt. In den heißen Sommern, wenn der Wasserpegel dramatisch abfällt und große Teile des Stausees austrocknen, kommen sogar der größte Teil der Kirche und einige Ruinen des Dorfes wieder zum Vorschein.

Der Ort begegnet dir als eine Sehenswürdigkeit in den spanischen Pyrenäen und regt doch zum Nachdenken über menschliche Errungenschaften an. 

#4 Zugstation inmitten der Bergwelt

Das Tal von Canfranc führt seit alters her zu einem der wichtigsten Pässe in den Pyrenäen und zu einem scheinbar für die Ewigkeit erbauten Gebäude – Canfranc-Estación. Der in den Bergen liegende riesige Bahnhof ist ein Überbleibsel der ehemaligen Zugverbindung zwischen Spanien und Frankreich. Ein Bauwerk, das bereits zur Einweihung 1928 in Größe und Ausstattung nur wenig mit einer gewöhnlichen Bahnstation mitten im Gebirge gemein hatte.

An dem über 200 m langen Bahnsteig entstand ein Gebäude, das neben Fahrkartenschalter und Wartehalle, auch eine Bar und ein Nobelhotel beherbergte. Stein, Glas und Marmor waren die wichtigsten Materialien, Jugendstil und Klassizismus die stilgebenden Epochen. Heute überwuchern Pflanzen die Gleise, Weichen rosten vor sich hin und das Gebäude droht zu verfallen.

Mein Reisetipp: Das Außengelände von Canfranc-Estación ist durch offene Lücken im Zaun frei zugänglich und lädt zu individuellen Erkundungen ein. Während der Führungen erhältst du einen Einblick ins Innere des Bahnhofs. 

#5 Ein Kloster im Fels

Ein tonnenschweres Gewölbe aus Fels hängt über den alten Mauern des Monasterio de San Juan de la Pena und erweckt seit Jahrhunderten den Anschein, das religiöse Gebäude unter seinem Gewicht erdrücken zu wollen. Allein diese bedrohliche Lage unter dem natürlichen Stein macht das ehemalige Kloster zu einem Anziehungspunkt.

Anziehend ist aber auch das Innenleben des versteckt im Wald liegenden Gebäudes. Ein gut erhaltener Kreuzgang erlaubt einen weiten Blick ins Tal. Die Oberkirche, die gut erhaltene Unterkirche und das Pantheon der Könige zeugen noch heute von der immensen Macht, die einstmals vom Kloster ausgegangen sein musste.

Mein Reisetipp: Etwa 1,5 km oberhalb des alten Klosters entstand auf einer Hochebene im 18. Jahrhundert ein gewaltiger neuer Klosterbau, der Einblicke in das einstige Leben der Mönche gewährt.

#6 Avantgarde im Gotteshaus

Spaniens Pyrenäen sind berühmt für eine Vielzahl an romanischen Kirchen. Oft ziert kunstvolle Wandmalerei das Innere der aus Stein erbauten Gotteshäuser. Die schlanken Glockentürme beeindrucken durch ihre vielen Stockwerke.

Einen Kontrast zu den romanischen Gotteshäusern bildet die kurios gestaltete Gemeindekirche von El Pont de Suert aus dem Jahr 1955. Das kleine Städtchen liegt an der N 230 in unmittelbarer Nähe zum Boi-Tal in den östlichen Pyrenäen.

Die moderne Kirche zieht sofort die Blicke auf sich. Denn das avantgardistische Werk gleicht stellenweise einem überdimensionierten Ei denn einer Kirche. Die kuriose Anmutung setzt sich auch im Kircheninneren fort. Dort zieren recht kitschige Blumenmalereien die in grün gestrichenen Wände

#7 Verlorene Orte: Mittendrin und nicht dabei

Mitten in den spanischen Pyrenäen sind sie zu finden, eingestürzte Häuser, menschenleere Gassen und verlassene Kirchen. Die Geisterdörfer mit ihren historischen Steinhäusern haben sich in den letzten Jahren zu einer (fragwürdigen) Attraktion im Hoch-Aragón entwickelt. Hier und da werden sie noch von einigen alten Leuten bewohnt. Die Mehrzahl der Bewohner zog jedoch zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf der Suche nach Arbeit in die Städte fort.

Auch wenn die Zukunft der meisten Dörfer ungewiss ist, stellt der Tourismus für manche Ortschaft eine lohnenswerte Perspektive dar. Diese ist allerdings von der Nähe zu den beliebten Hochgebirgsregionen und dem touristisch bedeutsamen Ordesa Nationalpark abhängig. 

FAZIT

Denkst du auch an Sonne, Strand und Meer, wenn von Spanien die Rede ist? Dann besuche die Pyrenäen und du wirst ein völlig anderes Bild kennenlernen. Ein kühler Wind kommt vom Meer, Wolken ziehen über schroffe Gipfel und wilde Schluchten, endlose Wälder reihen sich an einander und die Grenze zu Frankreich ist oft nur wenige Kilometer entfernt.

Die üblichen touristischen Attraktionen – von Bettenburgen über Kneipenmeilen bis zu Veranstaltungen fehlen. Namhafte Sehenswürdigkeiten sind rar. Dagegen triffst du in den spanischen Pyrenäen vielerorts auf herzliche Menschen und begegnest immer wieder der an Kultur und Geschichte reichen Lebensart. 

Möchtest du wissen, warum die spanischen Pyrenäen ein Sehnsuchtsort für mich sind? Weil es hier so anders ist.

Monasterio de San Juan de la Pena

Ein Kloster im Fels – Kreuzgang vom Monasterio de San Juan de la Pena

Canfranc-Estación

Zugstation inmitten der Bergwelt – Canfranc-Estación

antuario de Torreciudad

Hochgelegen mit einem weiten Blick in die Pyrenäen – der Wallfahrtsort Santuario de Torreciudad

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