Tanger ist eine islamische Stadt und obwohl der europäische Einfluss spürbar ist, werden das Tagesgeschehen und auch die Erwartungen an Gäste vom Islam geprägt. Bei allem gebotenen Respekt vor den lokalen Sitten und Gebräuchen kann der Umgang mit hartnäckigen Händlern und beharrlichen Straßenführern für uns Europäer manches Mal durchaus anstrengend werden.
Praktische Verhaltenstipps in Tanger
Damit dir die Freude am faszinierenden marokkanischen Leben nicht vergeht, habe ich dir meine persönlichen Verhaltenstipps zusammengestellt, die mir im Kontakt mit Einheimischen geholfen haben.
#1 Achte auf Höflichkeit und Respekt gegenüber Händlern
Ob man sich als Europäer in das Getümmel der Souks stürzt, durch die verwinkelten Gassen der Medina schlendert oder ein Souvenir erstehen möchte: Es ist oft hilfreich, wenn man sich die Mentalität der Menschen sowie die vorherrschende Lebensart wie das Feilschen und Handeln, das Ausüben religiöser Handlungen, den Umgang mit Frauen, aber auch die Armut bewusst macht.
Viele Handlungen der Einheimischen entsprechen den lokalen Sitten und Gebräuchen. Das du im Souk in einen Laden gebeten wirst, in eine der zahlreichen Garküchen gelotst werden sollst, Kaufangebote erhältst oder Fahrdienste angeboten werden, ist völlig normal.
Du solltest diese Angebote nicht ignorieren oder gar wegschauen, sondern freundlich und vor allem bestimmt reagieren. Eine einfache Verneinung auf Deutsch oder Englisch reicht völlig aus (wenn du einige Phrasen auf Arabisch beherrschst, schadet das auf keinen Fall). Ich gehe dabei immer zügig weiter, bleibe auf keinen Fall stehen und lasse mich nicht in ein Gespräch verwickeln.
Und für alle anderen Fälle:
Nein, danke – No, thank you – Lä schukran
Das reicht – That`s enough, ok! – Safi
Hören Sie auf – Give up! – Habess
Hilfe – Help – Aunni
#2 Sei aufmerksam in den Souks
Zugegeben, in den verwinkelten Souks fühle ich mich auch ein wenig verunsichert. Es ist nicht so einfach, wieder heraus zu finden und es ist kein Wunder, dass sich dort jeder als Führer anbieten will. Um einen Führer schnell wieder loszuwerden, kannst du einfach behaupten, dass du mit einer Reisegruppe unterwegs bist, die ein paar Meter vor dir läuft.
Wenn Du das Angebot für eine Führung durch Tanger und Umgebung annimmst, dann sei Dir bewusst, dass Du am Schluss um Geld gebeten wirst. Handle das Honorar vor Beginn der Tour aus, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
In den Souks ist die beste Methode langsam weiterzugehen und Kaufangebote mit einem freundlichen Lächeln abzulehnen. Aber auch, wenn du dich in ein Gespräch verwickeln lässt, bist du nicht verpflichtet etwas zu kaufen. Du kannst einfach behaupten, dass du mit dem Flugzeug reist, es ein maximales Gewicht beim Gepäck gibt und du deshalb nichts mitnehmen kannst. Vergiss nicht, dich nett für das Gespräch zu bedanken. Sollten dir beim Weitergehen noch Rufe folgen, ignorierst du diese konsequent.
#3 Sei hartnäckig im Umgang mit Straßenführern
An markanten öffentlichen Orten wie dem Terminal am Hafen , von Tanger dem Ticketschalter am Bahnhof oder in den Souks kann es vorkommen, dass einige Leute sehr hartnäckig als Führer engagiert werden wollen. Sie nähern sich zunächst freundlich, weichen dann aber nicht mehr von deiner Seite, laufen unaufgefordert neben dir her und wollen dir unter lautem Geschrei unbedingt den Weg weisen oder als Fahrer engagiert werden.
Auch wenn dieses Verhalten äußert unangenehm ist, spätestens nach dem dritten oder vierten auf freundliche aber bestimmte Art und Weise geäußerten „No, we’re not interested, OK?“ wird man in Ruhe gelassen. Ein bewährtes Verhalten ist zudem, in einer in Marokko wenig bekannten Sprache wie Russisch oder gar mit Kauderwelsch zu antworten und so für Unverständnis zu sorgen. Ganz wichtig: Dein Auftreten sollte dabei unbedingt selbstbewusst, aber nicht arrogant, sein.
Und noch ein Hinweis: Damit der vermeintliche Führer nicht auf die Idee kommt, eine Entlohnung zu verlangen, solltest du nie den Weg mitgehen, den er dir weist, sondern abbiegen oder umkehren. So vermeidest du den Eindruck, seinen Empfehlungen zu folgen und seine Dienste in Anspruch zu nehmen.
#4 Handeln und Feilschen gehört dazu
Du wirst schnell feststellen, dass Waren in Tanger nicht mit einem Preis versehen sind, sondern verhandelt werden. Du kannst mit etwa 1/3 des genannten Preises beginnen und du brauchst auch kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn du den Preis heruntergehandelt hast. Die Händler respektieren dich genau deswegen. Auch rechnen sie immer damit, dass gefeilscht wird, und beginnen deshalb mit einem hohen Preis.
Wenn ich etwas kaufen will, frage ich deshalb zunächst bei zwei oder drei Händlern höflich nach, um ein Gefühl für den Preis zu bekommen. Möchte ich etwas kaufen, habe ich mir schon vor Betreten eines Ladens meinen persönlichen Maximalpreis überlegt. Sollte das gewünschte Stück für meine Begriffe zu teuer sein, dann kaufe ich eben nichts.
Beim Handeln und Feilschen schadet es übrigens nicht, wenn du die arabische Bezeichnung der Zahlen kennst. Das vermeidet Missverständnisse und oft reichen schon wenige Zahlen aus.
Fünf – ḫamsah
Zehn – ašarah
Zwanzig – ischrun
Fünzig – hamsun
Hundert – mia
#5 Bitte recht freundlich
Ich habe manchmal den Eindruck, dass jeder Einheimische in Tanger zu denken scheint, dass ein Tourist immer etwas sucht oder kaufen will oder sofort und im Eilschritt zu einer Sehenswürdigkeit oder einem Shop geführt werden muss.
Es scheint jenseits ihrer Vorstellung zu liegen, dass ein Fremder stehen bleiben, schlendern, staunen und schauen möchte. Dabei liebe ich es, mit Stadtplan und Reiseführer allein in einer fremden Stadt unterwegs zu sein, und kann mich wie ein Kleinkind freuen, wenn ich mich ohne Hilfe zurechtfinde.
Aber auch wenn es anstrengend ist, zum 100ten Mal am Tag mit dem Kopf zu schütteln und „Nein, danke“ zu sagen. Bleib freundlich – genervt zu sein, kann schnell nach hinten losgehen!
Du wirst dich vielleicht wundern, was #6 Fotografieren und #7 Kleidung mit hartnäckigen Händlern und beharrlichen Straßenführern zu tun haben soll. Die Antwort lautet: Nichts.
Trotzdem sind es wertvolle Informationen, die zu einem respektvollen Miteinander zwischen Einheimischen und Gast und zu einem gelungenen Aufenthalt beitragen.
#6 Fotografiere mit Bedacht
Tanger ist unglaublich vielfältig und liefert die unterschiedlichsten Motive zum Fotografieren. Möchtest du Menschen ablichten, fotografiere bitte nicht einfach darauf los, sondern vergewissere dich, ob derjenige damit einverstanden ist. Oft genügt ein kurzer Blickkontakt, ein deutliches Kopfnicken oder eine freundlich vorgetragene Bitte, um das Einverständnis zu erlangen.
Die Händler in den Souks, dekorativ gekleidete Gaukler oder Straßenkünstler lassen sich gern fotografieren, erwarten dafür unter Umständen aber eine kleine Gegenleistung. Frauen, werden eher ablehnend reagieren, da im Islam ein Bilderverbot herrscht. Unerwünscht sind auch Aufnahmen von betenden Menschen und Kindern.
Auf das Fotografieren von offiziellen Einrichtungen und Gebäuden, wie z. B. Militäranlagen, Häfen, Staudämme, Amtsgebäude, Flughäfen, aber auch Uniformierte solltest du verzichten.
#7 Achte auf deine Kleidung
Die marokkanische Bevölkerung ist an freizügige Kleidung nicht gewöhnt und die europäische Mode mit ihren kurzen und figurbetonten Kleidungsstücken kann bei Einheimischen durchaus für Irritationen sorgen. Wenn du bei deiner Kleiderwahl ein paar einfache Regeln beachtest, zeigst du nicht nur Respekt vor den lokalen Sitten, sondern vermeidest auch unerwünschte Aufmerksamkeit. Und es ist gar nicht so schwer:
Auf kurze Röcke und knappe Hosen sollten Frauen besser verzichten. Auch schmale Trägertops und durchsichtige Stoffe sind eher ungeeignet. Auf der sicheren Seite bist du, wenn du dich für mindestens knielange Hosen entscheidest und deine Schultern und das Dekolleté bedeckt sind. Ein Kopftuch (hijab) zu tragen, wird von Touristinnen nicht zwingend erwartet.
Männer sollten im Übrigen auch auf angemessene Kleidung achten und knappe Kleidung besser meiden. Hemden mit langen Ärmeln und luftige weite Hosen entsprechen nicht nur den örtlichen Sitten, sondern sind auch gut zu tragen.
In meinem Artikel Auf eigene Faust beschreibe ich meine Erlebnisse in Tanger ohne Führer.
Hast du Erfahrungen gemacht, die du gern teilen möchtest? Kennst du weitere Tipps, um meine Zusammenstellung zu ergänzen? Ich freue mich auf deine Anregungen in den Kommentaren.